Nachtrag Tag 146/365 – Gelernte Muster

Ich muss gestehen, dass ich Euch dankbar bin. Dankbar dafür, dass ihr meine manchmal schrägen Gedanken und Probleme erträgt. Und auch dankbar für Kommentare und Anregungen, die mich weiterbringen auf diesem Irrweg.

Der Text heute morgen, ein paar Beobachtungen am Rande, ein paar seltsame Gefühle, als eine Bemerkung von mir ( mal wieder) einen kleinen Shitstorm auslöste und schwups, der nächste Hopser auf der gelben Straße war getan.

Gelernt ist gelernt. Mich in Beziehungen anzupassen beispielsweise. Ich, das Kind, das nicht gemocht wurde, möchte gemocht werden. Und das um fast jeden Preis. Ich mache viel für andere, helfe, unterstütze uneigennützig ohne dass gefordert wurde. Klaglos und viel zu viel, zu schnell, zu selbstverständlich. Meine Sachen können immer warten, sie liegen auf Eis bis gerade nichts an mich herangetragen wird. Dabei wird tatsächlich oft gar nichts herangetragen, doch ich mache dennoch.

Hui, jetzt wo ich es aufschreibe, gesellt sich ein bisschen Scham dazu, schaut mir schmierig lächelnd über die Schulter und reicht mir die Schaufel, um mich ein wenig einzugraben. Noch etwas kleiner, noch ein bisschen mehr Maus, grau, unauffällig, nur nicht aufmucken, nur abnicken, während sich mein Bauch vor Wut verknotet. Früher sagte ich manchmal, was Sache war. Ich ließ es. Erst schimpften die Eltern, dann die Gatten. Ich war peinlich auf einmal, zu energisch, hatte eine eigene Meinung und die passte nicht, stand nicht im Vertrag. Auch heute schauen sie, wenn ich den Mund öffne, weil es reicht. Dann wenden Sie sich ab weil nicht mehr brav und klein.

Als sie mich kennenlernten, war ich das nicht. Das fanden sie gut. Nur noch besser fanden sie es, als ich stiller wurde, mich anpasste aus Angst, allein gelassen zu werden.

Du kommst ins Heim, Mama wird krank, ich suche mir eine schönere, bessere, liefere Frau, Freundin, Kollegin. Verlassen werde ich dennoch und nach einem kleinen panischen Exkurs durch die Abgründe der Gefühlswelt, bin ich wieder da, sage, was ich will, fühle mich nicht mehr kleingraumausig.

Gelernt ist gelernt. Das graumausige war erwünscht früher. Schweigen, brav sein, Wünsche von Augen ablesen kann ich gut. Danken tut es keiner, was irgendwann schweineweh tut. Noch graumausiger ist die Antwort anstatt zu gehen und nicht zurückzublicken.

Ein Weg raus führt über die Klappe. Sagen und Antworten zulassen. Findet mich doch Scheiße, mir egal. Das wäre was. Wenigstens ab und zu. Gehen tun sie sowieso, gebe ich halt einen Grund. Besser als kleingraumausiges Opfer möchte ich den Kopf hochhalten, ganz hoch und meine bunten Federn spreizen. Schaut her, sollte ich rufen und tut es mir nach. Könnt ihr nicht, ich weiß.

Harter Tobak, auch für mich. Danke fürs Lesen und Mitdenken. Stein an Stein auf der gelben Straße. Alice und Dorothy, Hand in Hand. Und Toto, natürlich.

Alice