Tag 329/365 – Krisenvorabend

Es knubbelt sich, nichts läuft so richtig und jetzt kommt auch noch die Vorweihnachtszeit. Komme ich im normalen Alltag schon kaum mit den Erwartungen anderer klar, kann mich nicht davon lösen, Wunscherfüller zu sein, zu machen, zu geben, für alle da zu sein, außer für mich, eskaliert es in diesem letzten Monat des Jahres.

Erwartungen stehen im Raum und ich breche schon im Vorfeld zusammen, schaffe es nicht, mit diesem unausgesprochenen Druck klar zu kommen, möchte weglaufen, mich verstecken, ein bisschen heulen in einer dunklen Ecke.

Ich schaffe das nicht. Ich schaffe es nicht, alle glücklich zu machen, ich scheitere weil ich weder Krösus noch Gott bin, kann die Welt nicht ändern, die Lasten nicht abnehmen, nicht jedes Bedürfnis gnadenlos erfüllen. Mein Gewissen schlägt Alarm, weil ich Weihnachtsgeschenke preislich deckel nachdem es eskalierte in vergangenen Jahren. Bleibt auf dem Boden, möchte ich brüllen und frage mich, was am Ende mit mir ist.

Ich suche selber aus, um nicht mit einer Flasche Whiskey oder einem Parfum bedacht zu werden, dass für eine Exfreundin gekauft wurde. Und ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich konkrete Wünsche formuliere, wie etwa den kleinen Studioblitz, der mit gut gelegen kommt und noch fehlt in meinem Mikrostudio.

Und bei den anderen fürchte ich immer, dass es einfach nicht reicht, ich nicht genug überlege, nicht genug gebe, ich sie enttäusche, denn enttäuscht sind sie irgendwie immer. Unerfüllte Erwartung steht im Raum wie eine dicke Nebelwand und ich schnappe nach Luft, schon jetzt, wo der erste Advent anrollt und ich nicht vorbereitet bin.

Meine Kreativität blutet aus. Job, Familie und alles Drumherum macht mich fertig, porös, dünnfellig und lässt die Tränen zum Dauerzustand werden. Brav unterdrückt hinter tapferem Lächeln. Klar schaffe ich das, sicher geht das, ich mach das schon.

Stress hoch dreiundzwanzig. Die Angst vor Ansteckung kommt dieses Jahr noch dazu. Ich boostere erst im nächsten Jahr, früher geht nicht. Und die Zahlen steigen, selbst auf unserer ländlichen Heilweltschule.

Ich muss da durch wie jedes Jahr. Wegfahren wird nix. Haben wir auch vor Corona nicht geschafft. Mir fehlt das Meer. Also dieses Jahr wie immer, abspulen von schmerzenden Ritualen. Alte Verletzungen ploppen auf in dieser Zeit, wo man zusammenrückt und Erinnerungen nachhängt. Das Weihnachten meiner Kindheit war grausam. Ich lernte, dass mir nichts zusteht. Ein Gefühl, dass mich seitdem begleitet.

Doch jetzt genug, ich muss da eben durch, Augen zu und Musik ganz laut. Die Söhne freuen sich. Ich werde es auch dieses Jahr überleben. Muss ja.

Alice

10 Kommentare Gib deinen ab

  1. brigwords sagt:

    Ich wünsche dir einen überraschend positiven Tag! Und das Foto gefällt mir gut 🙂
    Liebe Grüsse Brig

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    1. Danke dir, liebe Brig. Ja, vielleicht wird es ja unerwartet schön🍀

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  2. Nati sagt:

    Ich wünsche dir mehr inneren Frieden für die Weihnachtszeit. 🍀🍀🍀

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    1. Vielen Dank, liebe Nati…🍀❤

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  3. Sonst wären wir zu Weihnachten in Fuerteventura, 4 Wochen. Sonne, Strandspaziergänge…

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  4. juru77 sagt:

    Als Erwachsene haben wir das Datums Pflicht Geschenke Austauschen einfach abgeschafft. Wenn es ums Kaufen geht haben wir doch das ganze Jahr Weihnachten und die lieben Kleinen freuen sich inzwischen doch auch lieber über einen bunten Schein. Konsumterror, Nein Danke!

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    1. Was ist in Marienthal?

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      1. Raphael sagt:

        Der Ort des Fotos …

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      2. Nein, das ist eine Straße hier bei mir am See. In Marienthal war ich schon ewig nicht mehr. Ich komm ja vom Niederrhein, aber bin viel zu selten da. Ich vermisse das flache Land. Münsterland ist schon fast bergig im Vergleich dazu🍀

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