Zu den Etüde bei Christiane. Die Wortspende kommt von Corly.
„Noch ein Sonnenuntergang!“. Sie seufzt und skipt die Urlaubsfotos durch. Kein Dom, keine Ruine, keine baufällige Hütte, nicht die alte Frau mit dem Blumenstand und auch nicht das Hotel. Nur der Strand ist zu sehen und der dramatisch bunte Sonnenuntergang.
Nie wieder wird sie ihre Kamera jemand anderem überlassen. Hätte sie sich nicht zwei Wochen vor dem Urlaub die Hand gebrochen, wäre das auch nicht passiert. „Nur über meine Leiche“, hatte sie immer gesagt. „Nur über einen gebrochenen Mittelhandknochen“, hätte es heißen müssen.
Trotzdem war der Urlaub eigentlich schön gewesen. Es war warm, die Hand hatte kaum geschmerzt und ein wenig hatte sich sogar Erholung eingestellt.
Was vielleicht aber auch daran lag, dass es so still gewesen war. Sie hatten nicht viel geredet. Die letzte Diskussion war auf dem Flughafen gewesen. Er mochte es nicht, zu fliegen, hatte sogar Angst davor. Sie hatte sich durchgesetzt, so wie meistens. Und als sie dann im Süden ausstiegen, war es still gewesen. Zwei Wochen lang.
Sie nimmt sich die Fotos noch einmal vor. Vierzehn Stück, genauso viele Tage waren sie weg gewesen. Hintereinander betrachtet, erkennt sie, dass die Sonne jeden Tag ein bisschen näher am Horizont ist. Auf dem letzten Foto ist sie kaum noch zu sehen.
Sie hört ein Räuspern und dreht sich um. Er steht im Türrahmen und schaut sie an.
„Wir müssen reden“, sagt er und stellt die gepackte Tasche ab.
Alice
Ein ziemlich genialer Sonnencountdown für den Untergang einer Beziehung.
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Ja, manchmal passiert sowas tatsächlich ganz unbewusst
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Oh, das ist echt eine interessante Idee, jenseits von Strand-Sonnenuntergang etc ..
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Schluss zu machen? 😂😊 ja, ob solche Bilder immer so bewusst gemacht werden?
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Mit der interessanten Idee meinte ich deinen Text 🙂
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😊🙏🍀
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Soll heißen, da hat 14 Tage lang jemanden neben ihr gebrütet, der seinen Frust nur dadurch geäußert hat, dass er die Sonne jeden Tag ein Stückchen näher am Horizont fotografiert hat?
Da gruselt es mich vor dem Typen. Meine Hochachtung für solch eine Geschichte!!!
Toll, dass du wieder mitschreibst. Ich wollte nicht fragen …
Liebe Grüße
Christiane 😁☕👍👍👍
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Ja, wenigstens hat er später mit ihr geredet. Manchmal braucht es Zeit, bis man(n) sich klar wird…
Gerne und danke 🙏😊🍀
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Was heisst hier: wenigstens hat er später mit ihr geredet. Und die 14 Tage vorher? Hat sie etwa das Gespräch gesucht, nachdem sie ihm zum Flug gezwungen hat?
Ich hoffe und denke, dass er ihr nur sagen will, dass er auszieht!
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Lieber Werner, ich finde es immer wunderbar, wie du es schaffst, genau den anderen Blickwinkel einzubringen. Wir Frauen denken „dieser Scheißkerl“ und du siehst die andere Seite, die ich mit dem Flugzwang mit einfließen ließ. Es gehören immer zwei dazu, wenn so etwas nicht funktioniert und beide sind Opfer und Täter. Und ja, ich denke, er zieht aus.
😂👍👍👍
Liebe Grüße
Alice
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Ich könnte es ja nicht aus dem anderen Winkel sehen, wenn Du nicht entsprechend vorgearbeitet hättest. Das“wunderbar“ gebührt also in Wirklichkeit Dir!
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Ich danke dir🙏😊🍀
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Na, das war dann wohl in mehrfacher Hinsicht ein Untergang. Vielleicht wird einem vieles erst bewusst, wenn man wirklich mal 14 Tage aufeinander hockt.
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Ja, das kann sein. Wenn der Alltag nicht mehr alles übertüncht…
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Im Urlaub ging das nicht?
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Das Verlassen? Vielleicht wusste er es zu Beginn des Urlaubs noch nicht .
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Nein, das Miteinanderreden im Urlaub 🙂
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Vielleicht, aber das hat er entschieden..😂👍
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