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Er wischte sich das Blut von den Händen und ließ sich erschöpft aufs Sofa sinken. Es sah aus wie vorher. Sicherheitshalber kramte er sein Handy hervor und kontrollierte die Fotografien. Er ging durch den Raum, rückte hier eine Vase zurecht, dort die Gardine und ein paar Sofakissen. Dann versprühte er Raumerfrischer. Der bittersüße Geruch nach frischem Blut hing noch in der Luft.
Er lächelte und verließ mit den Müllbeuteln das Appartement. Leise zog er die Tür ins Schloss, schob den Schlüssel an den alten Platz unter der Fußmatte und wuchtete die schweren Säcke auf den kleinen Wagen, den er sich vom Reinigungsservice des Hauses ausgeborgt hatte. Dann schob er ihn zu den Aufzügen, um den Müll im großen Verbrennungsofen im Keller zu entsorgen.
„Noch immer keine Spur?“ Kommissar Struck seufzte. „Der Ehemann hat jetzt schon fünf Mal angerufen. Ich hab auch noch Anderes zu tun!“
„Nix, Niente, Nada…“, die junge Kollegin zog ein schiefes Gesicht. „Aber wenn du mich fragst, ist sie durchgebrannt. Hast du dir ihren Mann mal angesehen? Der Oberspießer, bissel rund um die Mitte und so langweilig wie eine Biomöhre. Da würde ich auch…“
„Das ist ein Vermisstenfall, Nicole.“ Er schaute sie ermahnend an. „Aber es ist auf jeden Fall eine Spur, der wir nachgehen müssen. Wäre ja nicht das erste Mal…“
Er schmiss den Rechner an und holte sich eine Tasse Kaffee, während er hochfuhr. Dann schaute er sich zum hundertsten Mal die Handydaten der Vermissten an. Sie war von der Arbeit mit der Bahn in Richtung Wohnung gefahren. Und irgendwo, so auf halber Strecke, war sie einfach verschwunden. Ob sie das Handy ausgeschaltet hatte, der Akku leer war oder ihr etwas passiert war, konnte er leider nicht daran erkennen.
Dann schaute er sich die Einzelverbindungsnachweise an, die die Telefongesellschaft jetzt endlich rausgerückt hatte. Nichts, absolut nichts Ungewöhnliches fiel ihm auf. Sie hatte zwei Mal ihren Mann angerufen, einmal die beste Freundin, einmal die Mutter und ein bisschen innerhalb der Firma, in der sie arbeitete. Keine Häufungen, die verdächtig werden. Alles ganz genauso, wie man es von einer netten Frau in mittleren Jahren, die ordentlich ihren Job machte, erwarten würde.
„Vielleicht hat sie ein zweites Handy…“ sagte er und die Kollegin zuckte die Schultern. „Wenn sie ein Prepaid hatte, haben wir keine Chance. Aber ich kann ja nochmal die Gesellschaften abklappern.“ Sie schnappte sich den Telefonhörer und begann, mit dem Bleistift Nummern die die Tasten zu hacken. „Warteschleife“, seufzte sie und verdrehte die Augen.
Eine Weile blieb er neben dem Ofen stehen und schaute durch die verrußte Glasscheibe. Dann zog er den Overall aus und warf ihn und einen kleinen blutverschmierten Brief hinterher.
„Zeit, heimzugehen“, dachte er und freute sich auf die ruhige Wohnung, die jetzt ihm alleine gehörte. Nie hätte er erwartet, dass sie sich auf das Rollenspiel einlassen würde. Ein anonymes Treffen in einem fremden Appartement hatte er ihr in dem Liebesbrief, den er in ihre Butterbrotdose geschmuggelt hatte, vorgeschlagen. Er hatte seine Defizite gestanden, den schlechten Sex eingeräumt und dass er es verstehen könnte, dass sie genug von ihm habe. Doch einmal noch wolle er ihr seine Liebe zeigen, habe gar einen Tanzkurs belegt weil sie sich immer darüber beklagt hatte. Er wolle sich ändern und neu anfangen. Dann hatte er ihr detailliert erklärt, wo und wann sie sich treffen sollten. Ihr Handy sollte sie ausschalten, damit sie vollkommen ungestört seien und sich neu aufeinander einlassen könnten. Es gäbe nur sie und ihn. Er versprach ihr die Überraschung ihres Lebens und zumindest dieses Versprechen hatte er gehalten.
Er lachte. Als er bei dem Besuch eines Klienten durch Zufall über die Fußmatte stolperte und den Schlüssel fand, war die Idee geboren. Der Rest war gründliche Recherche gewesen. Wenn die Besitzerin des Appartements in zwei Stunden nach Hause kommen würde, würde sie nicht ahnen, was hier passiert ist.
Die wenigen Schritte ging er zu Fuß. Zu Hause atmete er tief durch und tippte die Wahlwiederholung. „Hallo? Kommissar Struck? Haben Sie was Neues für mich?“
Hähä – gut durchdacht.
Biomöhre…hihi der war gut.
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Ich möchte ja niemanden inspirieren 😉
Danke dir …
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🙂
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Mir hat besonders gut der Perspektivwechsel gefallen,… und der Vergleich mit der Möhre.
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Danke dir 🙂 Soso, also die Möhre….
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Ja der Satz war doch witzig.
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😊 so war er auch gedacht
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Wie böse…
Ich glaube, das ist oft gar nicht so weit entfernt vom richtigen Leben.
Herzliche Grüße zu dir
Judith
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Nunja, nicht alle bringen ihre Frauen um😂
Lieben Gruß
Alice
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Oha. Hab mich schon gefragt, ob du wieder mal einen Ausflug ins Kommissar-Genre machen würdest. Sehr gelungen, darauf muss man erst mal kommen.
Liebe Grüße
Christiane 😁👍
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Danke dir, ja der Krimi ist meine Schwäche
Lieben Gruß
Alice
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Biomöhren sind immerhin lecker. 😉
Schöner Mordfall. Hinterhältig aber sehr schlau.
Grüße, Katharina
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😊 vielen Dank
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Sooo viel Aufwand. Meine Güte, wer hätte das der Biomöhre zugetraut? Feine Geschichte! 👍
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Eine pedantische Biomöhre😊
Danke dir
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