Nachtmahr

Fortsetzung von Alte Leute

Es war frustrierend. Ich hatte mir so viel von den Gesprächen mit den alten Nachbarn versprochen und das Ergebnis war niederschmetternd. Margit legte nun doch tröstend den Arm um mich und hörte auf zu grinsen. „Nimm’s nicht so schwer. Ich habe so Einiges raus bekommen. Am besten wir gehen kurz nach Hause und treffen uns nach dem Abendessen bei Inken. Dann hat Jörg sicher Zeit für uns.“

Sie drückte mich kurz, schwang sich auf ihr Rad und flitzte davon. Langsam rappelte ich mich auf und trottete nach Hause. Die restliche Schokolade versteckte ich in meiner Hosentasche, meine Mutter musste das nicht unbedingt mitbekommen.

Zu Hause war alles ruhig. Es war immer noch nicht kühler geworden in meinem Zimmer. Ich schaute in meinem untersten Schreibtischfach nach dem Katzenfutter. Jetzt bräuchte ich nur noch zwei Näpfe. Vielleicht würde mich die kleine Katze ja wieder besuchen kommen. Bis zum Abendessen war noch etwas Zeit. Ich legte mich aufs Bett und versuchte etwas zu lesen. Nachdenken tat gerade eher weh.

Ich nickte ein und begann zu träumen.

Ich war draußen, unten nahe dem alten Nebenarm der Niers, der nur nach starken Regenfällen noch Wasser führte. Es war dunkel, kein Mond und keine Sterne waren zu erkennen. Von dem kleinen Erlenwald rund um den alten Arm ging ein sanftes Leuchten aus. Wie magisch zog es mich an und so setzte ich Fuß vor Fuß obwohl ich diesen Bereich nie betreten durfte. Es war morastig dort und man erzählte sich, dass dort schon ein Mann ertrunken wäre bei Hochwasser. 

Ich hatte Angst und doch konnte ich nicht widerstehen. Ich betrat den Hain und sah die Wasseroberfläche leuchten. Jeder Schritt, den ich näher trat, vergrößerte meine Angst, und doch konnte ich nicht stehenbleiben. Meine Füße wollten in das schlammige Wasser eintauchen, meine Hände wollten das Leuchten erkunden, das aus der Tiefe heraufzuscheinen schien. Meine nackten Zehen berührten die Wasseroberfläche. Sie war angenehm warm und fühlte sich lebendig an. Mein rechter Fuß tauchte ein und ich spürte einen körperlichen Sog, der mich aus meiner Trance riss. Ich zog mit all meiner Kraft den Fuß zurück, doch das Wasser umklammerte ihn wie eine große starke Hand. Ich griff nach einem alten Baumstamm und versuchte mich daran festzuhalten. Mein Mund öffnete sich zu einem Schrei, doch nichts war zu hören. Ich geriet in Panik als ich spürte, dass das Wasser bis zu meinem Knie gekrochen war. Ich fiel hin und versuchte die Böschung hoch zukriechen, riss büschelweise Gras aus und bohrte meine Hände in den schlammigen Untergrund. Auf einmal wurde es um mich herum hell, die Wolken(?) waren wohl beiseite gezogen und das Licht eines wunderschönen Vollmonds erleuchtete die Szenerie. Noch einmal zog ich mit Kraft, wand mich auf dem maschigen Boden, da ließ der Sog nach.

Und ich erwachte, schreiend, schweißüberströmt. Mein Herz klopfte bis zum Hals, als ich mich im Bett aufsetzte. Meine Mutter riss die Tür auf und rannte zu mir. „Was ist passiert, Alice? hast du dich verletzt?“, fragte sie erschreckt und tastete meinen Körper nach möglichen Verletzungen ab. „Ich hatte einen Albtraum“, weinte ich und kuschelte mich in ihren Arm, „aber ich bin nicht verletzt.“

„Alles gut“, sagte sie und strich mir über die Schulter, „nur ein Traum, der kann dir nichts tun.“ Sie stand auf und tätschelte noch einmal meine Wange. „Ich hole was zum Naseputzen. Am besten du wäscht dein Gesicht. Wir wollen gleich essen.“

Sie verließ kurz den Raum und brachte mir ein Stofftaschentuch. Ich schneuzte mich geräuschvoll und sie verließ den Raum in Richtung Küche.

Als ich aufstehen wollte, konnte ich den rechten Fuß kaum belasten. Ich sah an mir runter und stellte fest, dass mein Bein bis über dem Knie schleimig nass war. Rund um den rechten Knöchel konnte ich eine rote Schwellung feststellen. Es sah aus, als hätte mich eine große Hand dort sehr fest gehalten.

Ich begann zu zittern. Was war das? Es war doch nur ein Alp gewesen, ein schlechter Traum.

Alice

To be continued

Fortsetzung Die Fälle

3 Kommentare Gib deinen ab

  1. Das ist wie früher, mit den Forsetzungsromanen in der Tageszeitung……

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    1. Hoffentlich nicht so kitschig

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  2. nein…nicht die Kitschserien, es gab ja auch Krimis

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